IN 2 STUNDEN EIN NEUER MENSCH



Die Beschäftigung mit Schwimmbädern zieht sich wie ein roter Faden durch Ihre Karriere: Nach dem BWL Studium waren Sie 1994 Unternehmensberater und Turnaround-Manager bei der Privatisierung der Thermalbäder Baden-Baden. Danach haben Sie Ihre Dissertation über die „Privatisierung von öffentlichen Freizeitinfrastrukturen am Beispiel von Schwimmbädern“ geschrieben. Wie kam es zu diesem Schwerpunkt?

Mein Vater hat 1972 in Zug ein Ingenieurbüro gegründet und dort für Gebäude aller Art die technische Ausrüstung geplant. Auf seinen ersten Auftrag für ein Schwimmbad folgten so viele andere, dass er sich zu einem Bäder-Spezialisten entwickelt und unser Ingenieurbüro in 44 Jahren für rund 250 öffentliche Hallen-, Frei-, Kur- und Thermalbäder sowie Hotelwellness- und Fitnessanlagen die Technik geplant hat. Und das vor allem in der Schweiz und Deutschland, aber auch in Frankreich und Italien. In diesen Betrieb bin ich ab 2001 für die Geschäftsfelder Beratung und Betrieb der Kannewischer Management AG hineingewachsen. 1994 hat die Firma die ersten eigenen Bäder übernommen – die Caracalla-Therme und das Friedrichsbad in Baden-Baden. 

Warum haben Sie sich dazu entschieden? 

Die Caracalla-Therme wurde 1985 als Mutter aller modernen Thermen in einem Joint Venture von Stadt und Land eröffnet und ist von meinem Vater maßgeblich mitkonzipiert worden. Zuvor orientierten sich Thermalbäder stark in Richtung Rehabilitation und hatten meist viereckige Becken. In Baden-Baden sollten erstmals mehr gesunde Menschen angesprochen und der Gedanke der Prävention verfolgt werden. Der Slogan hieß „Gesundes Baden, das Freude macht“ und hatte eigentlich schon den Wellness-Gedanken als Idee. 1993 wurde dann nach einem Pächter gesucht. 

Bei einer Therme in Baden-Baden ist es nicht geblieben. Mittlerweile zählen sechs Thermen und ein Hotel zur Kannewischer Collection. Wie gehen Sie vor, wenn Sie ein neues Bad übernehmen?

Wir schauen uns an, was vorhanden ist und nehmen dann bei Bedarf Veränderungen vor. In Bad Salzuflen gab es beispielsweise nur große Becken. Eines davon haben wir in vier einzelne unterteilt, was viele Einheimische zunächst nicht nachvollziehen konnten. Der Anstieg der Besucherzahlen und die positiven Rückmeldungen geben uns aber Recht. Zudem war es so, dass früher in Bädern die unterschiedlichen Bereiche räumlich getrennt waren – hier die Sauna, dort die Therapie mit 20 Massage- und 20 Fango-Räumen. Heute wird das viel mehr zusammengelegt. Neu ist auch, dass das Thema Schönheit eine immer größere Rolle spielt, so dass auch Kosmetik-Behandlungen integriert wurden. Außerdem führen wir die gastronomischen Bereiche, die früher an andere vergeben waren, jetzt selbst, um sie unserer ganzheitlichen Philosophie bis hin zum Angebot von vegetarischen Gerichten anzupassen. Die Veränderungen hören aber nie auf. Bislang galt in unseren Anlagen ein Handy-Verbot, um Störungen zu vermeiden. Das fanden die meisten Besucher okay. Künftig kommen wir um WLAN-Zugang wohl nicht mehr herum, weil immer mehr Gäste eBooks oder die Zeitung auf ihrem Tablet lesen wollen. Stillstand ist Rückschritt. 

Welche Rolle spielt die Architektur in Ihren Anlagen? Mittlerweile gibt es auch Thermen von berühmten Architekten wie Peter Zumthor oder Matteo Thun, die aufgrund ihrer besonderen Gestaltung viele Besucher anziehen. 

Die ist uns sehr wichtig. Es geht allerdings nicht darum, um jeden Preis innovativ zu sein und aus dem Rahmen zu fallen. Vielmehr muss die Architektur auch eine gute Funktionalität sowohl für den Gast als auch für uns als Betreiber haben. Design total macht keinen Sinn, wenn sich die Besucher damit unwohl fühlen und die internen Abläufe erschwert werden. 

In den letzten Jahren werden immer mehr Wellness-Hotels mit großen Schwimmbad-, Sauna- und Ruhebereichen gebaut. Ist das eine Konkurrenz für Sie?

Bad ist nicht gleich Bad. Wellnesshotels haben ein großes Hotel und einen eher kleinen Wellness-Bereich mit zwei bis drei Becken, ein paar unterschiedlichen Saunen, aber viel Privacy. Bei uns gibt es mehr und größere Becken sowie Saunen, dafür aber aufgrund der höheren Gästezahlen weniger Privacy. Zum Glück findet jedes Produkt seine Gäste.

Und wie sieht es aus mit ausgefallenen Thermen wie dem Tropical Island bei Berlin?

 Viele nennen sich Therme, was kein geschützter Begriff ist, sind es aber eigentlich nicht, weil ihnen das Thermalwasser fehlt. Stattdessen gibt es viele Bars, Strandliegen, Palmen und Musik, so dass sich der Besuch wie ein Tag Urlaub voller Erlebnisse anfühlt. Das ist aber nicht unsere Dienstleistung. Die ist, dass Sie gestresst durchs Drehkreuz gehen und zwei bis drei Stunden später gut gelaunt wieder heraus kommen, also 2 Stunden ein neuer Mensch werden.

Gibt es einen typischen Gast in Ihren Thermen?

Generell nicht, nur zu bestimmten Tageszeiten und Wochentagen: Montagmorgen kommen eher ältere Menschen, die etwas für ihre Gesundheit tun wollen, nach Feierabend unter der Woche Berufstätige, die relaxen und nebenbei noch etwas für ihre Gesundheit tun möchten, am Freitagabend jüngere Leute ab 25, denen es hauptsächlich ums Chillen geht.

Was macht Ihre Arbeit so spannend?

Derzeit führe ich vier Anlagen und bin jede Woche rund drei Tage unterwegs; mein Bruder betreut die beiden Thermen in Baden-Baden. Vor Ort zu sein macht mir sehr viel Spaß. Denn wir sind auf hochwertige Thermen spezialisiert und mit ihnen an den bekanntesten Kurorten Deutschlands von Bad Kissingen über Baden-Baden bis Bad Ems vertreten. Bei allen unseren Anlagen sind wir darum bemüht, sie zu einer hohen Qualität zu führen und uns dabei auf die Bedürfnisse von Erholung, Gesundheit und Wohlbefinden zu konzentrieren.

Wo sehen Sie für die Kannewischer Collection noch Entwicklungspotenzial? 

Im Bereich Thermen-Tourismus gibt es noch ein großes Bedürfnis. Deshalb werden wir wohl mehr Thermen-Hotels bauen. Und dann würden wir gerne als Marke bekannter werden. Es gibt Gäste, die mehrere unserer Anlagen besuchen und sie sehr schätzen, ohne zu merken, dass sie zur gleichen Gruppe gehören. Diese Außen-Wahrnehmung als zusammengehöriges Ganzes, das zwar verschiedene Standorte, aber ein einheitliches Konzept hat, würden wir gerne verändern.  

Könnten auch noch weitere Bäder dazu kommen?

Zu Spitzenzeiten ist uns ein Bad pro Woche angeboten worden. 90 Prozent kommen für eine Privatisierung aber nicht in Frage, so dass man stark selektieren muss. Eine Ausweitung ist aber denkbar, wenn sich geeignete Objekte finden. 

Warum haben Sie keine Bäder in anderen Ländern außer Deutschland?

In meiner Heimat, der Schweiz, gibt es aufgrund der geringen Größe kaum noch geeignete Standorte. Österreich ist ohnehin schon „overbathed“, wie man in unserer Branche sagt. In Deutschland gab und gäbe es weiterhin vereinzelt Potenzial.

 

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